Der große spanische Cellist Pablo Casals warnte 1938 während des spanischen Bürgerkriegs prophetisch vor einer Ausbreitung der Gewalt auf die ganze Welt, wenn diese untätig zusehe. Genauso aktuell ist Casals' musikalischer Ruf nach Frieden im zutiefst berührenden "Song of the birds" (1961), den der Cellist Heinrich Eigslperger beim Abiturkonzert des Anton-Bruckner-Gymnasiums als Schluss-Stück meisterhaft interpretierte. Fragile Flageoletts und eindringliche, volksliedhafte Melodik kennzeichnen dieses Stück. Zuvor zeigte sich Eigslperger als Virtuose am Solocello im Finale der "Suite" des Casals-Landsmannes Gaspar Cassadó, das von spanischer Tanzmusik inspiriert ist.
Auch die anderen Teilnehmer des fulminanten Abschlusskonzerts des Additums Musik bewiesen eine musikalische wie technische Reife, die erstaunen ließ. Die Gattung der "Nocturne" (Nachtstück) ist in der Musikgeschichte traditionell von melancholischer Stimmung und weitgespannten Melodiebögen geprägt, wie Agnes Frank auf der Violine (klangschön im Vibrato und souverän in der Höhe) und Lea Fuchs auf der Harfe demonstrierten - erstere mit Catchaturians "Nocturne" aus dem Ballett "Masquerade", die zweite mit einem romantischen Gattungsbeispiel von Mikhail Glinka. Heinrich, Agnes und Lea stehen (genau wie die leider wegen Erkrankung verhinderte Susanna Gilfrich) für eine Generation, die das Schulorchester des ABG maßgeblich geprägt hat und dies weiterhin tut (das Sommerkonzert steht ja noch bevor); alle Mitglieder der Musik-Absolvia waren und sind auch tragende Säulen der verschiedenen Chöre des ABG.
Michael Koller etwa konnte seine stimmliche Entwicklung zum sonoren Bass in Beethovens Lied "ich liebe dich" zeigen, welches er stilsicher und dezent ausgestaltete. Auch das barocke Lied "Ich kehre wiederum", mit seinen langen Phrasen atemtechnisch eine Herausforderung, interpretierte er sehr überzeugend. Stilistisch auf ganz anderem Terrain, aber emotional ebenso mitreißend, zeigte die vielseitige Agnes Frank ihre Fähigkeiten im Jazz-Gesang - bei "Cry me a river" wurde sie gemeinsam mit dem Pianisten und Jazzkönner Norbert Ziegler bejubelt.
Auch Tastenkünste durften natürlich nicht fehlen - die "Toccata alla Rumba" von P. Planyavsky, die augenzwinkernd und virtuos Choralmelodik mit südamerikanisch geprägter Rhythmik verbindet, war von der ausgezeichneten Organistin Karin Luczak zu hören.
Nicht nur, weil so unterschiedliche Instrumente jeweils einmal vertreten waren - auch menschlich war diese musikalisch so weit gediehene Absolvia "ein besonderer Jahrgang", wie Kursleiterin und Konzert-Moderatorin Waltraud Götz-Rigaud mit einem weinenden und einem lachenden Auge feststellte (der Abschied von der Schule bedeutet ja auch einen vielversprechenden Start ins Leben). Den Schülerinnen und Schülerin sei bei den weiteren Prüfungen viel Glück gewünscht - und dem begeisterten Publikum viel Vorfreude auf das "Sommerkonzert" des ABG im Juni!