Noch in den Faschingsferien, als das Coronavirus schon in Italien angekommen war, konnte sich keiner vorstellen, welche Auswirkungen diese Bedrohung für den Schulbetrieb haben wird.
Als die ersten Krankheitsfälle in Bayern auftraten und der Coronavirus-Krisenstab der Bayerischen Staatsregierung Anfang März zum ersten Mal tagte, schwante manchem schon, dass die Situation ungeahnte Ausmaße annehmen könnte. Während Großveranstaltungen abgesagt wurden, gab es auch am ABG einzelne vorbeugende Quarantänefälle, Schüler waren ja in Krisengebieten im Winterurlaub gewesen. Die ersten vorausschauenden Lehrkräfte begannen langsam damit, die Mebis-Zugänge ihrer Schüler zu überprüfen.
Spätestens ab 12. März hatten dann Schüler und Lehrkräfte die Gewissheit, dass die Klassenzimmer vom 16. März bis mindestens nach den Osterferien geschlossen bleiben würden. Ab diesem Zeitpunkt liefen alle Vorbereitungen an, die Schüler zu Hause zu unterrichten: Mebis-Zugänge wurden erneut verteilt, Klassen informiert, die Kopierer arbeiteten im Akkord, viel Unterrichtsmaterial wurde vorbereitet. Zeitgleich erfolgten am Bruckner erste Gespräche, um neben Mebis eine weitere Kommunikationsmöglichkeit mit unseren Schülern zu schaffen. Zum riesigen Glück für das ABG nahm Herr Hirschbach, Schüler-Vater und Cisco-Fachvertriebsleiter, Kontakt zur Schulleiterin Frau Dr. Huller auf und brachte den Ball ins Rollen. Nach ersten sehr vielversprechenden Versuchen mit CISCO Webex Meetings, einer Plattform für Videokonferenzen, startete am 16. März das Projekt Bruckner goes Webex.
Bei einem intensiven Treffen planten Hr. Hirschbach und Hr. Zeindlmeier mit Unterstützung von Hr. Beyer von der Partnerfirma Ethcon die Schul-Struktur für Video-Konferenzen über Webex Meetings und das Programm Teams, einer Anwendung für die kontinuierliche Zusammenarbeit im Team mit z. B. Chat- und Video-Meeting-Funktionen. Gemeinsam wurden technischen Voraussetzungen geschaffen und Strategien entwickelt, wie sich das eigentlich für Unternehmensmanagement bestimmte Tool für die Anforderungen im schulischen Bereich anpassen lässt. Die größte Herausforderung dabei war, unsere Schüler in das System zu integrieren. An dieser Stelle geht ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiter von Cisco und Ethcon für ihre großartige Unterstützung!
Eine starke Motivation für dieses Projekt war, eine Möglichkeit zu finden, vor allem unsere Abiturienten gut auf die anstehenden Abiturprüfungen vorbereiten und die noch fehlende Inhalte und Fertigkeiten vermitteln zu können. Daher wurden die ersten Versuche des Videounterrichts auch mit der Oberstufe durchgeführt, und bereits am 17. März fand die erste Test-Videokonferenz mit einem Kurs der Q12 statt. Obwohl die meisten Skype und Videotelefonie kannten, war doch der Anblick der Kurskollegen im gemeinsamen Online-Klassenzimmer für alle sehr erheiternd.
Während die Konferenzen in der ersten Woche überwiegend dem Erproben und Optimieren diente, begann in Woche 2 nach dem Schul-Shutdown der Regelbetrieb mit täglich bis zu 70 Videokonferenzen.
(Bild: UsagebyMeetings_Daily_16_3_27_3.png, Bildunterschrift: Anzahl der Meetings in den ersten zwei Wochen nach Schulschließung)
Parallel dazu startete die Integration der Schüler in das Kommunikations-Tool Webex Teams, auch hier beginnend mit der Oberstufe. Die Möglichkeit, über eine datenschutzrechtlich abgesicherte Plattform im Chat zu kommunizieren, war vor allem in der Anfangsphase, in der Mebis noch sehr unstabil lief, außerordentlich hilfreich. Teams entwickelte sich schnell zur Austauschplattform Nr. 1. Am 19.3. konnten Schüler und Lehrer zum Beispiel die druckfrische Bekanntmachung zu den verschobenen Abiturprüfungen im Chat in Teams nachlesen.
Der große Vorteil dieser neuen Art von Kommunikation kristallisierte sich schnell heraus: Videokonferenzen stellten einen persönlichen Kontakt zur Lehrkraft her, ermöglichten ein strukturiertes Lernen nach Stundenplan und halfen vielen Schülern, den verlorenen Lernrhythmus wieder aufzunehmen. Bestätigt wurde dies auch durch das Feedback vieler Eltern: „Es läuft alles sehr gut. Die Videokonferenzen entlasten zu Hause.“ Auch am ABG sind wir uns sicher, dass sich der großartige Einsatz aller Beteiligten in dieser Situation sehr positiv auf den Lernerfolg unserer Schüler ausgewirkt hat und auch noch auswirken wird.
Deshalb nutzten in den Folgewochen mehr und mehr Lehrkräfte mit ihren Klassen die Plattformen, so dass in der Woche vor Ostern an der 100-Meeting-Marke gekratzt und gleich nach Ostern diese Marke geknackt wurde. Die Anzahl der Meetings pro Tag nach den Osterferien veranschaulicht folgendes Diagramm:
(Bild: UsagebyMeetings_Daily_19_04_bis_22_05.png, Bildunterschrift: Anzahl der Meetings in den Wochen nach den Osterferien)
Im Rahmen der medialen Aufbereitung des Unterrichts für Videokonferenzen und die Lernplattform Mebis erstellten die Lehrkräfte unzählige Arbeitsaufträge, korrigierten abgelieferte Aufgaben, erstellten eigene Unterrichtsvideos und erprobten digitale Unterrichtskonzepte. Auf diese Weise durchlebten Schüler und Lehrkräfte in dieser Zeit einen didaktischen und technischen Quantensprung.
Bei allen Bemühungen um einen guten Online-Unterricht für unsere Schüler zu Hause lässt sich dennoch eines gewiss feststellen: Kein noch so gut ausgearbeitetes Online-Konzept kann den Präsenzunterricht im Klassenzimmer dauerhaft ersetzen. Der beste Beweis dafür sind die Aussagen vieler Schüler nach Wochen des „Lernens dahoam“: „Wir wollen wieder in die Schule gehen!“
Von Achim Zeindlmeier